Hallo und willkommen zu dieser eingehenden Betrachtung. Wir haben hier einen ganzen Stapel deiner persönlichen Unterlagen vor uns liegen, Briefe, Anträge, ja auch Beschwerden und sogar Auszüge aus diesem Buchprojekt »Betrachtungen aus dem Mülleimer der Nation«. Ja, das ist eine ziemliche Sammlung. Alles dreht sich ja um deine jahrelange Auseinandersetzung mit deutschen Sozialbehörden und Gerichten. Genau. Und wir wollen für dich mal die Kernpunkte aus diesen Texten herausarbeiten. Die sind ja oft sehr, sehr kämpferisch geschrieben. Absolut. Es geht ja ums Ringen, um Teilhabe, um Selbstbestimmung, Anerkennung im System. Und das Ganze eben oft aus der besonderen Perspektive als Mensch mit Autismus- oder Asperger-Syndrom. Also lass uns das mal anpacken. Okay. Was mir sofort ins Auge springt, diese wiederkehrende Forderung nach echter Teilhabe, also wirklich Teilhabe und einer selbstbestimmten Lebensführung. Das geht ja weit über reine Existenzsicherung hinaus. Stimmt. Du berufst dich da ja auch aufs Grundgesetz und die UN-Behindertenrechtskonvention. Richtig. Und willst ganz konkret Unterstützung für den Weg in die Selbstständigkeit? Du sprichst sogar von einem Recht auf Kapital, um halt unabhängig zu werden von Leistungen. Ja, diese Projekte wie der Coffee-Shop-Antrag oder das Patent-Marketing, das sind ja Versuche, das praktisch umzusetzen. Genau. Und das knüpft ja, wie du sagst, direkt an die UN-Konvention an. Die sieht Behinderung ja nicht nur als individuelles Defizit, sondern fragt, was sind die Barrieren in der Gesellschaft? Deine Texte erwähnen ja auch diese EU-Parlamentsanfrage von 2021 zu Autismus und Beschäftigung. Und diese Zahl, diese erschreckend niedrige Beschäftigungsquote von unter 10 Prozent für Autisten. Unter 10 Prozent, ja. Das deutet ja schon stark auf systemische Hürden hin. Da geht es nicht nur um individuelle Fähigkeiten, oder? Überhaupt nicht. Und genau dieses System, das kritisierst du ja auch fundamental. Da fallen dann so Begriffe wie strukturell bedingte System-immanente Diskriminierung. Harte Worte. Ja, oder Kritik an einer neoliberalen Gesinnung, sogar Vergleiche mit Arbeit macht frei. Das ist schon heftig. Und ganz praktisch geht es dann um Vorwürfe wie Untätigkeit von Behörden. Jobcenter-Kusel, Sozialamt-Kusel werden da genannt. Das kenne ich, dieses Gefühl, dass nichts passiert. In der Luft. Na klar. Man kann nichts machen. Und dieses Gefühl der Willkür, das scheint sich dann ja auch in deinem Buchprojekt Bahn zu brechen, diesen Betrachtungen aus dem Mülleimer der Nation. Das ist nachvollziehbar. Und diese gefühlte Ohnmacht, die spiegelt sich dann ja offenbar auch im juristischen Kampf wieder. Du beklagst ja die Überlastung der Sozialgerichte. Ja. Und das Gefühl, keinen effektiven Rechtsschutz zu bekommen, wenn dann noch die Stigmatisierung als Querulant dazukommt. Puh. Das macht es nicht einfacher. Nee. Der Zugang zum Recht wird dann natürlich noch schwieriger. Es taucht ja sogar die Frage auf, ob die Gewaltenteilung überhaupt noch funktioniert, wenn die Verwaltung durch Nichtstun einfach Fakten schafft, die Gerichte später kaum noch heilen können. Du beschreibst ja auch dieses eine Beispiel, das diese Zermürbung so deutlich macht. Ein Verfahren am Landessozialgericht, Aktenzeichen L3, AS 5523. Da ging es um dein Grundrecht auf Teilhabe. Und? Und am Ende sagst du, sei das Ganze auf den Inhalt von acht Umzugskartons reduziert worden. Das klingt, als ob der Kern der Sache, also die Teilhabe, völlig untergegangen ist. Ja, das ist frustrierend. Und das führt uns ja zu einem weiteren zentralen Punkt, der in deinen Unterlagen immer wieder auftaucht. Die Auseinandersetzung um ein psychologisches Gutachten. Genau. Du identifizierst dich ja klar als Mensch mit Asperger und wehrst dich mit Händen und Füßen gegen die Diagnose einer Schizotypen-Persönlichkeitsstörung. Was forderst du stattdessen? Du forderst eine multidisziplinäre Bewertung, so wie die UN-Konvention eigentlich vorsieht. Und sogar einen Feldversuch, um deine Fähigkeit zur Selbstständigkeit mal praktisch zu testen. Okay, also raus aus der Theorie, rein in die Praxis. Ja. Und deine Sprache, die ja oft sehr bildhaft ist, unkonventionell vielleicht, die siehst du als Teil deiner Persönlichkeit und auch als Protest, nicht als Krankheitszeichen. Und was bedeutet das dann, wenn die Art der Kommunikation selbst quasi zum Problem erklärt wird? Das ist die Frage. Das ist ja eine Kernfrage im Umgang mit Neurodiversität. Die UN-Konvention fordert ja in Artikel 19 Anpassung und Inklusion. Richtig. Aber wenn jetzt, wie du es schilderst, die Kommunikationsweise selbst also als metaphorisch, ungeordnet oder vielleicht sogar als wahnhaft, wenn die vom Gutachter als Teil des Problems gesehen wird, dann entsteht eine massive Barriere. Absolut. Da stellt sich dann schon die Frage, ist die individuelle Ausdrucksweise das Problem oder ist es vielleicht das System, das nicht flexibel genug darauf reagiert und stattdessen pathologisiert? Ja, genau. Und das erschwert natürlich den Zugang zu Recht und einem fairen Verfahren ganz enorm. Okay, fassen wir mal zusammen. Deine Dokumente geben einen tiefen Einblick. Natürlich ist der subjektiv, aber er zeigt diesen zermürbenden Kampf, dein Ringen um Rechte, um Anerkennung, um ein selbstbestimmtes Leben. Ja, und stark geprägt eben durch diese Autismusperspektive und eine ganz fundamentale Systemkritik. Warum ist das jetzt für dich relevant? Also über den persönlichen Kampf hinaus? Naja, es berührt doch Grundfragen. Wie gut funktioniert unser Sozialstaat wirklich, gerade für Menschen, deren Bedürfnisse oder Kommunikationsweisen halt von der Norm abweichen? Wie sichern wir fairen Zugang zum Recht, wenn die Sprache selbst zur Hürde wird? Und wie ernst nehmen wir eigentlich die Rechte, die in der UN-Konvention stehen, so in der Praxis? Ja, gute Fragen. Und vielleicht noch ein Gedanke zum Schluss. Zwischen den Zeilen deiner Texte, die ja oft sarkastisch sind oder eben metaphorisch, da stellst du ja immer wieder die Frage nach der Normalität des Systems selbst. Wenn individuelle Ansätze und auch Kritik immer wieder als Störung abgetan werden, Stichwort Querulanz, Wahn, wer oder was ist dann eigentlich unangepasst? Das ist eine sehr gute Frage. Eine, die sicher weit über deinen Fall hinaus zum Nachdenken anregt.